Blogpost von Dr. Andra-Octavia Drăghiciu Zur Verteidigung von Housekeeping for Beginners

"Ich war einfach so glücklich und fühlte mich geehrt, eine Geschichte über eine Roma-Person zum Leben zu erwecken. Eine queere Roma-Person, die zufällig mit Krankheit kämpft, wie wir alle. Wie wir es alle tun. Das ist einfach nur menschlich. Und die Tatsache, dass sie nur das Beste für ihre Kinder will, ist so menschlich. Für mich war es also ehrlich gesagt nicht schwer, einer so menschlichen Geschichte Leben einzuhauchen, aber es ehrte mich umso mehr und gab mir noch mehr Verantwortung, dass es sich um eine Roma-Figur handelt. Und ich bin so froh, dass die Welt endlich sieht, wie das Leben einer Roma-Frau aussieht. Es ist ganz normal, wie bei euch allen. Aber wir müssen auch Roma-Frauen in dieser Situation sehen, und ich denke, jede Person würde alles tun, was in ihrer Macht steht, um ihre Liebsten zu schützen, egal ob sie queer sind oder nicht, Roma oder nicht. Das ist also die universelle menschliche Erfahrung. Aber das fehlt uns. Deshalb danke ich dir, Goran, dass du Roma-Gesichter gezeigt hast, dass du queere Menschen, dass du die Intersektionalität des Frauseins, des Queer-Seins, des Roma-Seins und des Aus-Shutka-Seins auf die Bühne der Weltöffentlichkeit gebracht hast. Das wird hoffentlich einen Wandel hervorrufen und Menschen dazu bringen, Empathie und Solidarität mit anderen Menschen zu entwickeln."

(Alina Șerban, Interview mit FRED film media bei den Filmfestspielen Venedig, 2023)

Filmplakat von Housekeeping for Beginners

Housekeeping for Beginners (2023, Nordmazedonien, Regie: Goran Stolevski) ist ein Film, den ich während eines Fluges sah – und ich war angenehm überrascht, dass die Fluggesellschaft eine so besondere, nordmazedonische queere Roma-Geschichte, eine eher Nischenproduktion, in ihrem Programm hatte. Der Film berührte mich tief, da ich mich auf zwei Ebenen damit identifizieren konnte: Zum einen als Frau in einer überwiegend segregierten, rassistischen, homophoben und frauenfeindlichen Gesellschaft Südosteuropas (Rumänien), geprägt von einem korrupten, versagenden Staat und menschenverachtenden Amtsträger*innen. Zum anderen als jemand, der unter Frauen aufwuchs, die ihre körperliche und mentale Gesundheit opferten, ihre eigenen Bedürfnisse und Sehnsüchte unterdrückten – nur um für ihre Kinder, Partner und alten Angehörigen zu sorgen, oft auf Kosten ihres Lebens, sei es durch Krebs, Selbstmord oder beides. Als weiße, heterosexuelle Frau aus der Mittelschicht sind Homophobie, Rassismus und Armut jedoch Realitäten, die ich nur aus der Beobachterperspektive erleb(t)e.

Auf einer persönlichen Ebene hat mir der Film gefallen, weil er eine universelle menschliche Geschichte von Liebe, Verlust, Gemeinschaft und Überwindung erzählt. Auf analytischer Ebene glaube ich, dass er trotz seiner Mängel das Potenzial hat, das weiße, heteronormative Publikum zum Nachdenken anzuregen und Empathie zu wecken, vor allem in Anbetracht der (fehlenden) Alternativen in der Kinolandschaft.

Die Geschichte dreht sich um eine Patchwork-Familie in Skopje, die von der Sozialarbeiterin Dita zusammengehalten wird. Ihr Zuhause ist offen für ihren schwulen Freund Toni, ihre Partnerin Suada und deren zwei Töchter Mia und Vanesa, sowie für drei weitere Teenager-Mädchen und schließlich Ali, Tonis junger Partner. Bald stellt sich heraus, dass Suada Romni ist und dass Dita sie bei ihrer Tätigkeit als Sozialarbeiterin in Shutka kennengelernt hat. Ihre Beziehung wird auf subtile Weise dargestellt, während sie versuchen, mit Suadas unheilbarer Krankheit umzugehen. Nach Suadas Tod kämpft Dita um die Erfüllung ihres Wunsches, dass Dita und Toni Mia und Vanesa adoptieren, um ihren Romani-Nachnamen zu ändern und ihnen so eine bessere Chance im Leben in einer zutiefst antiziganistischen Gesellschaft zu ermöglichen. Der Hauptkonflikt spielt sich in der Folge zwischen Dita und der Teenagerin Vanesa ab, die rebelliert, um den Verlust ihrer Mutter zu verarbeiten. Sie kommen zu einer Lösung, nachdem sie einen Trauerprozess durchlaufen haben, der sie mit Emotionen wie Wut, Widerstand, Trauer und Akzeptanz konfrontiert, und finden schließlich eine gemeinsame Basis für eine funktionierende Beziehung.

Die FigurenDita ist nicht die Hauptfigur, sondern eher eine Art Katalysator für die Entfaltung der Handlung. Sie ist eine weiße, verschlossene lesbische Sozialarbeiterin aus der Mittelschicht, die sich in eine ihrer Klientinnen verliebt, eine alleinerziehende Mutter und Romni aus Shutka. Sie geht zur Arbeit, wo sie ihre Kolleg*innen meidet, und verbringt den Rest ihrer Energie damit, Behandlungsmöglichkeiten für die Krankheit ihrer Partnerin zu finden. Sie ist eine zurückhaltende, ruhige Person, die Dinge erledigt, damit die anderen Bewohner*innen des Hauses tanzen, singen, spielen, weinen, lieben und kämpfen können. Ihre Haltung ist in der Tat paternalistisch, aber nicht nur gegenüber ihrer kranken Partnerin, die sie nicht retten kann, sondern gegenüber allen, die in diesem Haus leben, einschließlich ihres männlichen, erwachsenen Freundes. Kurzum, sie weist viele Merkmale einer südosteuropäischen Frau aus der Mittelschicht auf, die es gewohnt ist, ihre Gefühle zu unterdrücken und das Wohlergehen aller anderen vor ihr eigenes zu stellen. Erst nach Suadas Tod und während des Konflikts mit Vanesa bricht sie zusammen, verliert die Beherrschung, raucht offen und zeigt mehr Emotionen, was den anderen einen Einblick in ihre Menschlichkeit gewährt. 

Suada, die Partnerin von Dita und Mutter von Mia und Vanesa, ist eine queere Romni, die in Shutka aufgewachsen ist. Die Zuschauer*innen lernen sie in einem Krankenhaus kennen, wo sie darauf wartet, von einem nachlässigen Arzt behandelt zu werden, der am Telefon über ein Fußballspiel spricht, anstatt sich um seine Patientin zu kümmern. Die Verachtung des Arztes für eine andere Roma-Person ist der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und Suada in einen Wutanfall treibt. Sie wirft mit Gegenständen um sich und beschimpft den Arzt wegen seines Rassismus – eine sehr menschliche Reaktion angesichts der durch Krankheit und offene Diskriminierung verursachten Ohnmacht. Doch Suada ist nicht nur zu Recht wütend und impulsiv. Sie ist auch in der Lage, mit Ali zu scherzen, mit ihrer jüngeren Tochter kindlich zu lachen, und den Duft der Haare ihrer Partnerin einzuatmen – eine subtile, aber dennoch kraftvolle Liebeserklärung. Sie kann herzzerreißend weinen, macht sich verletzlich und zeigt Verzweiflung bei dem Gedanken zu sterben und ihre Kinder verlassen zu müssen. Sie bittet Dita, ihre Töchter nach ihrem Tod zu adoptieren, in der Hoffnung, ihnen so eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Obwohl sie von Dita aufgenommen wurde und in ihrem Haus lebt, begegnen sie sich stets auf Augenhöhe. 

In der kurzen Zeit, die die Zuschauer*innen mit ihr verbringen, offenbart Suada ein beeindruckendes Spektrum menschlicher Gefühle.

Ihre ältere Tochter Vanesa ist eine eigenwillige, unabhängige Teenagerin, die sich sofort mit dem Neuankömmling Ali anfreundet, sich ihm anvertraut, mit ihm lacht und singt. Nach dem Tod ihrer Mutter fühlt sie sich jedoch allein und verwirrt. Sie wendet sich von Dita ab, raucht, trinkt und prügelt sich in der Schule. Als Teil ihrer rebellischen Trauer will Vanesa das Haus von Dita verlassen und zu ihrer Großmutter nach Shutka ziehen, überlegt es sich dann aber doch anders und bleibt. Nach einem Zerwürfnis mit Dita kehrt sie dennoch nach Shutka zurück, schließt sich einem Menschenhändlerring an, in der Hoffnung, das Land in Richtung EU zu verlassen, und wird Opfer sexuellen Missbrauchs. Obwohl Dita sie schließlich zurückholt, ist der Schaden bereits angerichtet – sie kann sie nicht retten, genau wie sie ihre Mutter nicht retten konnte. Durch diese Erfahrung kommen beide Figuren zu der Erkenntnis, dass ihre anfänglichen Selbsttäuschungen falsch waren: Dita hat nicht das Zeug dazu, Vanesas Mutter zu sein, und Vanesa braucht jemanden, auf den sie sich verlassen kann. Nachdem sie den Verlust derselben Person durch Streiten betrauert haben, schließt sich für Dita und Vanesa der Kreis. Am Ende retten sie sich gegenseitig und finden einen Weg, gemeinsam voranzuschreiten.

Mia, Suadas jüngere Tochter, ist die Stimme der Wahrhaftigkeit und Vernunft. Vor ihrer kindlichen, unschuldigen Unverblümtheit bleibt nichts unbemerkt. Sie ist reif genug, um allein zu spielen, sie drückt sich wortgewandt aus und macht alle für ihre Worte und Taten verantwortlich. Obwohl Dita diejenige zu sein schien, die den Haushalt zusammenhält, ist es nach Suadas Tod Mia, um die sich alle scharen. Sie müssen ihre Ängste und Differenzen beiseiteschieben, um sie zu trösten und ihr ein stabiles Umfeld zu bieten, in dem sie wachsen und sich entwickeln kann. Dass ihr das gelingt, zeigt sich am Ende: als sie die erste Klasse abschließt, haben alle anderen die Prüfungen des Lebens bestanden und sind als Individuen weiser und als Familie stärker geworden.   

Ali ist ein schwuler junger Mann aus Shutka, der in den Haushalt kommt, nachdem er Toni über eine Dating-App kennengelernt hat. Er freundet sich sofort mit den anderen Bewohnerinnen an und wird eingeladen, zu bleiben. Er entpuppt sich als sensibler, liebevoller Mensch, der geduldig mit Mia spielt, zu Vanesas Vertrauensperson wird, mit den nicht-Roma Mädchen scherzt, Verantwortungsbewusstsein zeigt und es schafft, Tonis Herz zu erweichen. Er zeigt auch ein gesundes Maß an Selbstwertgefühl und Entschlossenheit und weigert sich, das gewalttätige Verhalten seines Geliebten zu akzeptieren, der verbittert, mürrisch und verschlossen wirkt. 

Für Toni ist die einzige für einen Mann akzeptable Emotion die Wut, und die einzige Möglichkeit, sie auszudrücken, ist Gewalt. Er ist die Stimme der Dominanzgesellschaft, die Stereotypen über Roma wiedergibt und darauf besteht, dass Dita und Vanesa nicht allein nach Shutka gehen sollen. Außerdem fühlt er sich berechtigt, Ali Gewalt anzutun, indem er sich weigert, beim Geschlechtsverkehr langsamer zu werden, und ihn in einem Anfall von Eifersucht schlägt, woraufhin dieser ihn verlässt. Denn Ali ist kein Opfer. Er akzeptiert dieses Verhalten nicht und ist erst dann bereit, zurückzukehren, wenn Toni seine Verwandlung vollzieht und sich demütig entschuldigt. Ihre Beziehung ist daher eine Metapher, die das Machtverhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit symbolisiert: In der nordmazedonischen Gesellschaft werden die meisten Roma misshandelt und in die Segregation gezwungen. Damit diese Beziehung geheilt werden kann, ist die Mehrheit dafür verantwortlich, sich selbst zu reflektieren und Veränderungen zu initiieren.

Der Raum, in dem diese Menschen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt werden, weil sie entweder queer, verwaist oder Roma oder eine Überschneidung dieser Merkmale sind, sie selbst sein können, ist das Haus von Dita, das sie zu ihrem Zuhause gemacht haben. Dies ist ein geschützter Ort, den sie manchmal verlassen müssen, um mit dem System (Arbeit, Krankenhaus, Schule, Gericht), der Mehrheitsgesellschaft (Ditas Kolleg*innen) und dem Roma-Viertel Shutka zu interagieren. Der Übergang von der Ruhe und Sicherheit des Hauses zur Außenwelt wird durch die Benutzung des Busses und des Autos, durch die Beleuchtung und die Atmosphäre dieser kontrastreichen Orte sowie durch die Notwendigkeit von Vermittler*innen akzentuiert: Während Dita die Verbindung zum System ist, fungiert Ali als Anbindung zu Shutka. Durch die Darstellung dieser beiden kontrastierenden Räume wird deutlich, dass sie weder hier noch dort hingehören, sondern in ihr Zuhause, das irgendwo dazwischen liegt: „Für Dita und Toni ist eine Dinnerparty mit Kolleg*innen wie eine Expedition ins Weltall, bei der sie mit Angst und Abscheu durch die fremde Landschaft heteronormativer Gespräche navigieren.“1 

Und genau hier liegt die Krux der Sache

Eine der klaren Absichten des Films ist es, den Antiziganismus in dieser südosteuropäischen Gesellschaft zu unterstreichen und zu kritisieren, und zwar nicht nur durch die Geschichte seiner Figuren, sondern auch durch die Gegenüberstellung der Welt der Mehrheit und der Welt der Minderheit. Erstere wird durch die Interaktion mit dem Arzt und die Dinnerparty als unsicherer Raum für Roma und queere Menschen dargestellt. Im Gegensatz zum bürgerlichen Zuhause wird Shutka als ein Ort der Armut und des Verbrechens dargestellt. Während der Film durch diese Bilder die Technik der Authentizität anwendet, um bei den Zuschauer*innen Mitleid zu wecken, bricht er mit antiziganistischen Darstellungen, indem er Vanesas Großmutter in den Mittelpunkt stellt und sie über ihre Beschwerden sowie die Gründe für die dargestellte Armut und Kriminalität sprechen lässt. Sie bringt zum Ausdruck, dass Roma-Sein in der nordmazedonischen Gesellschaft bedeutet, unmenschlich behandelt zu werden, an den Rand gedrängt zu werden und gezwungen zu sein, in verpesteten Gebieten zu leben, was zu einer kürzeren Lebenserwartung führt. Indem der Film die Armut in Shutka zeigt, setzt er in künstlerische Bilder um, was Statistiken belegen und wofür Aktivist*innen in Südosteuropa versuchen, das Bewusstsein zu schärfen. 

Die Ursache für Armut und Kriminalität wird im Film deutlich: Nicht die betroffenen Menschen sind schuld, sondern der systemische, institutionelle und individuelle Antiziganismus. Es beginnt damit, dass man in der Schule nicht die gleichen Belohnungen und Chancen für die gleichen Anstrengungen erhält, wie Suada sich erinnert, was zu einer schlechteren Ausbildung und schließlich zu Schwierigkeiten bei der Erlangung gut bezahlter Arbeitsplätze führt, die bessere Lebensbedingungen ermöglichen würden. Darüber hinaus vernachlässigen Verwaltungen nicht nur systematisch die von Roma bewohnten Viertel, sondern lenken Umweltverschmutzung absichtlich in diese Gebiete um. 

Wie dem auch sei, es lässt sich nicht leugnen, dass Shutka als ein Ort dargestellt wird, dem die Menschen entkommen wollen, eine Welt des Verbrechens, in der Vanesa ihre Lektion durch eine schmerzhafte Erfahrung lernt. Das gibt dem Film die Möglichkeit, zu zeigen, wie weit marginalisierte Gruppen gehen würden, um der antiziganistischen Gesellschaft zu entkommen. 

Wie bereits erwähnt, ist aber auch die Mehrheitsgesellschaft kein Zuckerschlecken. Sie zeigt nicht nur Verachtung und Intoleranz, sondern hat auch die Macht, in Räume einzudringen, in denen Menschen sicher sein sollten, sie selbst zu sein. Wenn in einer homophoben Gesellschaft die Polizei ins Haus kommt, sind die Bewohner*innen gezwungen, „alles loszuwerden, was schwul aussieht“, ihre Kleidung und die Zusammensetzung ihrer Familie so zu ändern, um einer heteronormativen Einheit der Mittelschicht zu entsprechen. Während Shutka als arm und damit anfällig für Kriminalität als Folge des systemischen Antiziganismus dargestellt wird, werden die Vertreter*innen der Mehrheitsgesellschaft als intolerant und aufdringlich dargestellt... weil sie es können. 

Die Diskussion von Thematiken bezüglich Roma und die Absicht, Klischees in diesem Film zu hinterfragen, mag manchmal subtil sein, aber sie ist vorhanden. In ihren ironischen oder hitzigen Tischgesprächen streitet die Familie über die angemessene Bezeichnung für Roma, und Mia zieht jeden zur Rechenschaft, der es wagt, beleidigende Ausdrücke zu verwenden; sie scherzen über frühe Heirat, und Toni deutet an, dass es für Frauen nicht sicher ist, allein nach Shutka zu gehen. Diese Stereotype lassen sich aber nicht bestätigen. Ganz im Gegenteil: der Mythos der Teenager-Ehe wird entkräftet, da kein Teenager tatsächlich heiratet, und wenn sie in Shutka ankommen, werden sie von wohlwollenden Menschen geführt und unterstützt, um das zu finden, was sie suchen. Außerdem wird Alis Sexualität in diesem Viertel toleriert, auch wenn sie durch freundliche, aber homophobe Sticheleien lächerlich gemacht wird, während Dita ihre Sexualität im Umfeld der weißen Mittelklasse verstecken muss.

 

Um zusammenzufassen: Eine weiße Lesbe mit Retter*in-Komplex öffnet ihr Zuhause für queere und heterosexuelle Erwachsene und Jugendliche, die sowohl Roma als auch nicht-Roma sind. Anders als in antiziganistischen Darstellungen von Roma haben die Roma-Protagonist*innen vielschichtige Persönlichkeiten, und ihre inneren Konflikte stehen im Mittelpunkt, während sie eine komplexe Vielfalt von Emotionen entwickeln und zeigen. Selbst die Jüngste unter ihnen hat eine starke, entschlossene und weise Stimme, während die nicht-Roma Teenagerinnen zu einer unterstützenden, aber eher gesichtslosen Gruppe verschwimmen. 

Der starke Kontrast zwischen der blonden, schüchternen Dita und der brünetten, impulsiven Suada, der zu Beginn aufgebaut wird, wird im Laufe der Handlung dekonstruiert: Suada ist zu mehr als berechtigtem Zorn fähig, während Dita auch die Fassung verlieren kann, wenn auch auf ihre seltsame, gehemmte Art. In der Sicherheit ihres Zuhauses trägt sie dasselbe weiße ärmellose Hemd wie Suada, sieht sich aber gezwungen, es mit einem Blazer zu bedecken, wenn sie diesen sicheren Raum verlässt.

Durch ihre romantische Beziehung und die von Ali und Toni, aber auch durch die enge Freundschaft zwischen den Teenagerinnen, die sich ständig streiten und sich gleichzeitig wie Geschwister gegenseitig unterstützen, erhalten die Zuschauer*innen die wertvolle Botschaft, dass romantische, freundschaftliche und elterliche Beziehungen zwischen Angehörigen von Mehrheit und Minderheit möglich sind (Herbert Heuss).

Nichtsdestotrotz bleiben die Verwendung von Bildern der Armut und Vanesas Erfahrung in Shutka Schwächen des Films, der versucht, die Werkzeuge des Meisters zu benutzen in der Hoffnung, das Haus des Meisters zu zerstören. Ob ihm das gelingt, hängt natürlich von den Erwartungen und der Positionierung der Zuschauer*innen ab. Für ein breites, nicht-Roma Publikum, das an Kusturicas karnevaleske Darstellungen von Roma in Südosteuropa gewöhnt ist, bietet dieser Film eine ernüchternde Alternative: Er unterstreicht die Menschlichkeit und Vielfalt der Protagonist*innen und stellt sie nicht als monolithische und statische Märchenfiguren dar, sondern als komplexe Menschen, die sowohl Opfer als auch Akteur*innen in einem diskriminierenden System sind. Und obwohl das eigentlich ganz selbstverständlich sein sollte, muss es das weiße Publikum leider immer noch begreifen, wenn es um die Darstellung von Roma und den allumfassenden Rassismus auf dem Balkan (und darüber hinaus) geht.

 

Exkurs: Aber was wäre, wenn die Rollen vertauscht wären? Würde die Geschichte auch funktionieren, wenn Dita Romni wäre und Suada nicht?

Nun, wir können diese Frage beantworten, indem wir über andere Fragen nachdenken, wie zum Beispiel: Würde nicht jeder Mensch den geliebten Menschen bevormunden und versuchen, ihn zu überzeugen, um sein Leben zu kämpfen? Würde der Arzt nicht am Telefon reden und die Patientin ignorieren? Wenn man schon einmal mit einem unheilbar kranken Menschen zu tun hatten, der jede Hoffnung und jeden Lebenswillen verloren hat, und wenn man dies im Rahmen eines südosteuropäischen Gesundheitssystems tun musste, kennt man wahrscheinlich die Antworten. Hätte sie nicht gewollt, dass sich ihre Partnerin um ihre Kinder kümmert, anstatt sie dem System zu überlassen? Die Frage der Adoption von nicht-Roma Kindern durch einen Roma Filmcharakter wäre nur ein weiterer Weg gewesen, um mit dem Film zum gleichen Ergebnis zu kommen: die Verurteilung von Antiziganismus.

 

Bin ich aber nun der Meinung, dass "Housekeeping for Beginners" der perfekte intersektionale Film ist, der mit allen Stereotypen aufräumt? Nein, natürlich nicht. Trotz seiner guten Absichten bleibt er eine Produktion auf dem freien Markt, die mit bestimmten Verallgemeinerungen und Vorurteilen spielen muss, um die Aufmerksamkeit eines nicht-Roma- und nicht queeren Publikums zu gewinnen und zu halten. Darüber hinaus muss der Film einen kommerziellen Erfolg sicherstellen, was wiederum mehr Sichtbarkeit für die behandelten Themen sowie für die beteiligten Filmemacher*innen und Roma-Schauspieler*innen bedeutet. 

Von meinem Standpunkt, meinem persönlichen und beruflichen Hintergrund und meiner Erfahrung heraus und unter Verwendung der Analyseinstrumente wissenschaftlicher Forschung bin ich der Meinung, dass dieser Film das Potenzial hat, emphatischen Zuschauer*innen die sehr grundlegende, aber doch so notwendige Botschaft zu vermitteln, dass allen Menschen Menschlichkeit innewohnt – unabhängig von ihrem ethnischen Hintergrund oder ihrer sexuellen Orientierung. Unter der Voraussetzung, dass man bereit ist, diese Botschaft zu empfangen.


1(Zitiert nach: Sun, Michael: Housekeeping for Beginners review – a queer family’s fight to stay together, The Guardian 08.05.2024)

 

Dr. Andra-Octavia Drăghiciu