Forschungsprojekt Stigma „Zigeuner“. Visuelle Dimensionen des Antiziganismus
Laufzeit: 1/2018-12/2018
Visuelle Medien spielen seit der Frühen Neuzeit eine Schlüsselrolle für die Genese des Antiziganismus.
Das interdisziplinär angelegte Forschungsprojekt untersuchte mit vergleichenden Analysemethoden die zentralen Motive und Semantiken von „Zigeuner“-Bildern in unterschiedlichen visuellen Repräsentationsformen wie bildender Kunst, Fotografie oder Film.
In Form einer Fallstudie zu einem besonders wirkmächtigen Motiv – dem „Zigeunern“ zugeschriebenen Kinderraub – unternahm das Projekt einen ersten Schritt zu einer intermedialen Phänomenologie des „Zigeuner“-Bildes und der damit verbundenen Ausgrenzungsmechanismen in visuellen Medien. Das Motiv lässt sich in der Literatur bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nachweisen. Von zentraler Bedeutung für seine Genese war eine Erzählung von Cervantes mit dem Titel „La gitanilla“, die 1613 erschien. In den darauffolgenden Jahrhunderten finden sich zahllose literarische Variationen. Die Fallstudie eruierte, wie dieses ursprünglich literarische Motiv in unterschiedliche visuelle Repräsentationsformen überführt wurde und welche spezifischen Adaptionen und Transformationen damit einhergingen. Auf diese Weise wurden die Kontinuitätslinien, Vernetzungen und Brüche eines zentralen „Zigeuner“-Motivs über vier Jahrhunderte hinweg verfolgt und analytisch eingeordnet.
Der Research Council des Field of Focus 3 der Universität Heidelberg förderte das Vorhaben.

Projektmitarbeiterin Radmila Mladenova publizierte die Ergebnisse der Fallstudie 2019 in der Monografie „Patterns of Symbolic Violence. The Motif of 'Gypsy' Child-theft across Visual Media“. Zum Abschluss des Projekts fand eine Fachtagung (15.-16. November 2018) statt, in deren Rahmen etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen aus dem In- und Ausland aktuelle Forschungsergebnisse zur Rolle des Visuellen in der Genese des Antiziganismus präsentierten. Die Verbindung von historischen Fragestellungen mit bild- bzw. kunstwissenschaftlichen und medientheoretischen Ansätzen führte unterschiedliche methodische Zugänge zusammen. Die Vorträge wurden 2021 in Form des Tagungsbandes „Visuelle Dimensionen des Antiziganismus“ publiziert.