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Forschung

„Zigeuner“-Filme gibt es bereits seit Beginn des Filmschaffens – und seither spielt dieses Leitmedium auch eine entscheidende Rolle für die Entstehung und Verbreitung antiziganistischer Bilder und Stereotype. Dennoch wurde Antiziganismus im Film bislang kaum kritisch untersucht. Die Forschungsstelle Antiziganismus an der Universität Heidelberg hinterfragt die Normalität dieses klischeebeladenen Blickes auf eine Minderheit und geht der Frage nach, ob sich das kreative Potenzial des Mediums Film nicht auch emanzipatorisch nutzen ließe, um Vorurteile der Mehrheitsgesellschaft zu überwinden.

Seit mehr als 120 Jahren sind „Zigeuner“-Figuren und -Motive ein fester Bestandteil der Filmsprache und somit unseres kulturellen Erbes. Damit einher gehen antiziganistische Bilder und Denkmuster, die bis heute wirksam sind und sich längst in unserer Vorstellungswelt eingenistet haben. In diesem Beitrag wollen wir zeigen, wie das Medium Film zur Ausgrenzung von Sinti und Roma beiträgt und welche Funktionen der antiziganistische Blick für die Mehrheitsgesellschaft hat. Die stigmatisierende Fremdbezeichnung „Zigeuner“ verwenden wir dabei in einem kritisch-aufklärerischen Sinn: Wir wollen deutlich machen, dass die filmischen Werke, um die es in unserem Beitrag geht, eine von Stereotypen überlagerte Sicht auf Sinti und Roma und zugleich ein Machtverhältnis widerspiegeln. Diese Filme sagen weit mehr über die Interessen und Projektionen der Dominanzgesellschaft (und der Filmemacher) aus als über das, was sie zu zeigen vorgeben. Doch ließe sich das kreative Potenzial des Mediums Film nicht auch emanzipatorisch nutzen, um den vorurteilsgeleiteten Blick auf die Minderheit zu überwinden?

Forschungsfelder und Themen

Publikationen

Jahresschwerpunkt Holocaust-Film

Als Leitmedien unserer Zeit gewinnen Bilder und Filme, die durch Emotionalität, Verständlichkeit, Direktheit funktionieren, in allen Bereichen der Erinnerungskultur an Bedeutung, beanspruchen gar Deutungshoheit. Auch die Zeit des Nationalsozialismus und der Holocaust sind Gegenstand und Thema visueller Formate, die ein breites Publikum erreichen und denen damit zentrale Bedeutung in der Auseinandersetzung mit Geschichte zukommt. „Bildwahrnehmung“ ist dabei, so Frank Reuter, immer von historischen und gesellschaftlichen Determinanten beeinflusst“. Zugleich „zeichnet sich der audiovisuelle Film durch Wahrnehmungsbilder aus, deren unmittelbare sinnliche Macht dominiert“. Vorwissen des Publikums, aber auch Vorurteile, historische Hintergründe, Rezeptionssituation – all das ist im Moment der Betrachtung bereits gegeben und präsent. Daher ist das Thema der hier vorgestellten Tagung zu den „Sichtbarkeiten der Erinnerung“ vielfach relevant: Die Repräsentation von Sinti und Roma im Holocaustkino wissenschaftlich zu untersuchen, bedeutet auch, nach den Determinanten und Maßgaben, den medialen Eigenlogiken und der politischen Wirkweise des NS-Gedächtnisses zu fragen, wie es sich immer neu manifestiert und jeweils in nationalen Kommunikationsstrukturen konkretisiert.